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DAS LEBEN IM ANDENKEN DER NACHWELT
Allein woher wissen wir denn, dass der fortdauernde Geist, obschon der Tod alle sichtbaren Fäden seines Zusammenhanges mit der Sinnwelt abgeschnitten zu haben erscheint, nicht noch durch einen inneren Sinn mit dem Menschengeschlechte, denn er doch einmal auf immer angehört, in Verbindung bleibe?
Gesetzt aber auch, dies wäre nicht, so bliebe doch diese Art des Lebens nach dem Tode, durch den Anteil, den uns der fortdauernde Einfluss unserer ehemaligen Tätigkeiten, wenigstens bei dem zärter und wärmer fühlenden Teil der Nachwelt verschaffen, noch immer ein unendlicher Genuss für den Glücklichen, der dessen (wenn auch nur in einzelnen Augenblicken) durch ein lebendiges Vorgefühl, und zu jeder Zeit, durch ein leises dunkles Bewusstsein in seinem Innersten teilhaft würde? Aber auch dieses sogar beiseite gesetzt, was ist denn eines jeden, dieses Namen würdigen Menschen wahres Leben? Was verdient diesen so vielumfassenden, so viel bedeutenden Namen im höchsten Sinne? Etwas jenes unstete Hin- und Herwogen auf dem stürmischen Meere der Sinnenwelt, wo wir nichts, was außer uns ist, unser nennen können, und jeder Augenblick, indem wir uns seiner als gegenwärtig versichern wollen, bereits von dem folgenden verschlungen ist? Oder etwas diese dumpfe Art von Dasein, die der Mensch mit dem Tiere des Feldes gemein hat, und worin sich seine ganze Tätigkeit auf Befriedigung seiner sinnlichen Triebe und Bedürfnisse, und wenn's hoch kommt, auf Erstrebung selbstsüchtiger, von tausend Zufälligkeiten abhängender und daher auch selten gelingender Entwürfe beschränkt?
Mit einem Worte besteht das Leben in dem, weswegen es den Namen eines Traums verdient? Oder nicht vielmehr in wohlgeordneter und, so viel möglich, ununterbrochener Übung und Anwendung der edelsten Kräfte unsers Geistes und der Guten außer uns, d. i. auf solche Kraftäusserung der Menschheit anzusehen sind? Lebt nicht |eder Mensch weniger für sich selbst. als für andere?
Ist nicht sein Dasein, mehr oder weniger, eine immerwährende Aufopferung ? War nicht, aus diesem Grunde, ein sich selbst nach und nach verzehrendes Licht, von Alters her, das schönste Sinnbild eines edlen und guten Menschen? Und kann man also nicht mit Wahrheit sagen: Das Leben im Andenken der Nachwelt, da es nur die natürlichste Folge ausgezeichneter und lmmerfortwirkender Verdienste ist, sei mit dem vorhergegangenen sıchtbaren Leben in der Mitwelt gleichsam aus einem Stücke, und als eine wirklich fortgesetzte Persönlichkeit in derselben zu betrachten?
Christoph Martin Wieland
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